Bericht "Projekttag für Jungimker" 24.01.2025
Auch Bienen können krank werden
Diese und weitere überraschende Einsichten konnten junge Schulimker am Freitagnachmittag während eines spannenden Projekttags des Landesverbands der Imker Weser-Ems zum Thema „Bienengesundheit“ gewinnen. Zu der Veranstaltung, die in den Räumen des Auricher Gymnasiums Ulricianums stattfand, waren junge Imker aus vielen weiterführenden Schulen in Ostfriesland eingeladen.
Dass insgesamt trotz etlicher grippebedingter Absagen immerhin ca. 30 Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrerinnen und Lehrern aus Aurich, Leer, Friedeburg und Moormerland der Einladung nach Aurich folgten, liegt wohl auch daran, dass der hochgeschätzte Bienenforscher und Sachbuchautor Dr. Friedrich Pohl als Referent für den Tag gewonnen werden konnte.
Von 11:00 bis 15:00 Uhr beschäftigten sich die jungen Imkernden in drei abwechslungsreichen Arbeitsphasen mit den wichtigsten Bienenkrankheiten, denen sie in ihrer Arbeit mit den Schulbienen begegnen. Zunächst fanden sie heraus, dass es dieselben Erreger sind wie bei uns Menschen, die auch bei Honigbienen Krankheiten hervorrufen können: Pilze, Bakterien, Viren und Parasiten.
In der zweiten Arbeitsphase untersuchten die Schüler in kleinen Gruppen tote Bienenvölker und fanden, bewaffnet mit Pinzetten, Lupen und einer detaillierten Checkliste von Dr. Pohl, in detektivischer Kleinarbeit selbst heraus, was zum Zusammenbruch der Völker geführt haben könnte. Bei ihrer Spurensuche machten die Schülerinnen und Schüler erstaunliche Entdeckungen. So fanden sie zum Beispiel Hinweise auf Räuberei durch Wespen und Bienen anderer Völker, die sich nach dem Ableben des untersuchten Volkes über dessen Futtervorräte hergemacht hatten. Wässrige Kotspuren wiesen auf Durchfallerkrankungen der Bienen hin und kleine Löcher an den Zargenwänden deuteten auf die Anwesenheit von Wachsmotten. Das Ergebnis der Suche nach der Todesursache: Alle vier Völker waren letztlich dem zur Zeit gefährlichsten Feind der Honigbiene zum Opfer gefallen. In der noch verdeckelten Brut, die sich in den Waben befand, ließen sich unter dem Binokular Varroamilben nachweisen. Dieser Parasit, varroa destructor (lat.: „die Zerstörerin“), schwächt die Bienen auch, indem er Viruserkrankungen überträgt, die dazu führen, dass sich Bienen nicht richtig entwickeln. Entsprechend entdeckten unsere jungen Spurensucher in den verendeten Völkern auch eine Menge von Bienen mit verkürztem Hinterleib bzw. mit verkrüppelten Flügeln.
Nach einem gemeinsamen Pizzaessen in der gemütlichen Schulküche war das Thema der dritten Arbeitsphase, auf welche Weise den Bienen gegen die gefährlichen Milben geholfen werden kann. Für die jungen Teilnehmer war es zunächst notwendig zu verstehen, wie der Reproduktionszyklus der Varroamilben funktioniert. Die Jungimker konnten durch eine kleine Einführung in die Biologie der Varroa feststellen, dass diese sich ausschließlich in der Brut vermehrt. Und zwar sehr schnell. Im Plenum wurde berechnet: Alle drei Wochen verdoppelt sich die Zahl der Milben im Volk. Ab tausend Milben droht bereits ein Zusammenbruch des Bienenvolkes.
Um den Varroadruck auf das Bienenvolk möglichst gering zu halten, ist ein ganzjähriges Behandlungskonzept notwendig. Seit Jahren behandeln Imker ihre Bienenvölker nach der letzten Honigernte im Sommer mit Ameis- und im Winter mit Oxalsäure. In seinen Fachbüchern zur Varroabehandlung empfiehlt Dr. Pohl jedoch ergänzend eine innovative Maßnahme: Im Sommer käfigt der Imker die Bienenkönigin, wobei er diese in der Bienenbeute belässt. So können die Arbeiterinnen ihre Königin täglich „riechen und lecken“, wie Dr. Pohl formulierte. Durch das Käfigen der Königin erreicht der Imker eine Brutpause, denn die Königin kann in ihrem Käfig bzw. in ihrer Bannwabe für drei Wochen nur wenige Eier legen, die von den Bienen aufgefressen werden. Dadurch wird der Vermehrungszyklus der Varroamilbe unterbrochen und die Zahl der Milben im Bienenvolk wird deutlich reduziert. Mit sehr anschaulichem Material zeigte Dr. Pohl Schritt für Schritt, wie ein erfolgreiches Vorroabehandlungskonzept aussehen kann. Dabei ging er auf alle Etappen vom Drohnenschneiden im Frühjahr über das Käfigen der Königin und die Sommerbehandlung mit Ameisensäure bis zur letzten Behandlung mit Oxalsäure im Winter ein.
Für die jungen Imkernden haben sich die Überstunden am Freitagnachmittag gelohnt. Sie wissen nun, dass auch ihre Schulbienen einmal krank werden können, und haben Möglichkeiten kennengelernt, die Insekten gegen ihren schlimmsten Feind, die Varroamilbe, zu unterstützen.
Karène Goyette-Becker
(Obfrau für Jugendarbeit)